Hannah MUSterfrau denkt nach über … Erfinder (!) von Sportarten

 
“Ich bin aufgebracht und frage mich, warum das wohl so ist. Männer haben ja kein Monopol auf Kreativität.”

“Ich bin aufgebracht und frage mich, warum das wohl so ist. Männer haben ja kein Monopol auf Kreativität.”


Jeden Monat recherchiere ich für unsere Rubrik “Woher kommt eigentlich … ?” die Entstehungsgeschichte unserer Podcast-Sportart. Nach dem Austesten des Sports ist dies wohl meine Lieblingsbeschäftigung bei MUS. Ich finde es unglaublich faszinierend zu sehen, wie aus fixen Ideen oder Notsituationen neue Sportarten geboren werden, die irgendwann tausende oder manchmal sogar Million von Menschen begeistern. Dabei gleicht keine Entstehungsgeschichte der anderen. Aber eines haben sie dennoch alle gemeinsam: Die Erfinder sind ohne Ausnahme Männer. 

Ich bin aufgebracht und frage mich, warum das wohl so ist. Männer haben ja kein Monopol auf Kreativität. Frauen und nichtbinäre Menschen sind genauso ideenreich. Wieso bin ich also noch auf keinen einzigen Sport gestoßen, der zum Beispiel von einer Frau entwickelt wurde.

Bildung und Wahlrecht vor Sport

Gut, Sportarten aus dem 19. Jahrhundert oder der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert sind sicherlich alle von Männern erfunden worden. Die Kämpferinnen der ersten Welle des Feminismus hatten wichtigere Themen auf der Agenda. Wenn Frauen nicht einmal wählen dürfen und keinen Zugang zum Bildungswesen haben, werden sie wohl kaum ungezwungen neuen Sportideen umsetzen. Das leuchtet mir ein. 

Aber als ich mich informiere, finde ich heraus, dass auch Sport ein Thema der damaligen Feministinnen war. Frauensport diente bis dahin der reinen Bewegung, um Gesundheit und Schönheit aufrechtzuerhalten. Wettbewerb war ein Attribut von Männersport. Nichtsdestotrotz gab es auch damals schon Frauen, die in die männliche Sphäre Sport eintreten wollten. Gertrude Ederle durchschwamm zum Beispiel 1926 als erste Frau den Ärmelkanal und unterbot den bis dato geltenden Weltrekord um über zwei Stunden. 

Aber in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde sicher alles besser, oder? Schließlich gibt es nun ja Frauen, die Sport kompetitiv betreiben. Jein. Themen wie Arbeitsrecht und reproduktive Selbstbestimmung stehen im Vordergrund der zweiten Welle des Feminismus (ca. 1960 bis 1990). Dennoch kämpfen Frauen vermehrt auch für Gleichberechtigung im Sport. Im bereits bestehenden Sport. So setzte sich Billie Jean King im Tennis für gleiche Preisgelder für Frauen und Männer ein und gründete zu diesem Zweck die Women’s Tennis Association. Unter den Top 50 der bestverdienenden Sportler*innen sind auch im Jahr 2021 trotzdem nur zwei Frauen: die Tennis-Spielerinnen Naomi Osaka und Serena Williams.

Handball wurde für Frauen erfunden

In der dritten Welle des Feminismus (ab ca. 1990) wird Roller Derby wiederbelebt. Der Sport, der in seiner ursprünglichen Form vom Sportpromoter Leo A. Seltzer erfunden wurde, war in den 1970er Jahren von der Bildfläche verschwunden. 1999 bringen ihn weibliche Amateurinnen zurück. Bis heute wird der Sport in erster Linie mit Frauen* assoziiert. Das finde ich toll. Wir sind also schon einen Schritt weiter auf der Suche nach weiblichen Erfinderinnen. Aber ganz zufrieden bin ich dennoch nicht. Das heutige Roller Derby basiert auf der Erfindung eines Mannes. Ich suche Erfinderinnen. 

Vielleicht habe ich mir auch einfach noch nicht genug Sportarten angeschaut, denke ich. Vielleicht versteckt sich irgendwo ein (un)populärer Sport, den eine Frau erfunden hat. Also befrage ich Google. Eine Stunde später bin ich ernüchtert. Der Sport, der meinem Wunsch am nächsten kommt, ist Handball. 1915 wurde der Sport unter dem Namen Torball für Frauen erfunden - jedoch von einem Mann. Erfunden, weil Fußball sich vermeintlich für Frauen nicht eignete.


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