Ein Spion in Norwegen? Wie Kolumbien zum UWR-Weltmeister wurde

 

Von Daniel Knoke & Paul Haas

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Samuel Gaviria (unten rechts) mit seinem norwegischen Team Molde UVK. (Foto: Samuel Gaviria)

Samuel Gaviria (unten rechts) mit seinem norwegischen Team Molde UVK.
(Foto: Samuel Gaviria)


Seit 1980 werden Weltmeisterschaften im Unterwasser-Rugby (UWR) ausgetragen. Insgesamt haben nur sechs Nationen seitdem Medaillen bei den Titelkämpfen gewonnen. Neben Deutschland sind dies Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland – und Kolumbien. Das südamerikanische Land sticht auf den ersten Blick heraus bei dieser sonst doch sehr homogenen Liste an UWR-Nationen aus Mittel- und Nordeuropa.

Auffällig ist auch, dass Kolumbien bei den Herren sogar aktueller Weltmeister ist. 2015 sorgten die Südamerikaner erstmals für Aufsehen. Damals schafften die kolumbianischen Männer überraschend den dritten Platz bei der WM. Dieser war vielleicht noch insofern erklärbar, dass die Kolumbianer den Heimvorteil genießen durften. Die Titelkämpfe fanden in Santiago de Cali statt. Doch vier Jahre später bei der Weltmeisterschaft in Graz bestätigte das Team aus Kolumbien seinen Aufstieg in die Weltspitze und krönte sich selbst zum Champion.

Doch wie konnte dieser Aufstieg gelingen? Deutschlands UWR-Nationalspieler Hannes Treiber hat dazu eine Theorie. In der Podcast-Folge zu UWR äußert er sich im MUS-Interview dahingehend, dass Kolumbiens Aufstieg zur Weltklasse dank eines Spions gelungen ist. Ein Spion? Im unpopulären Sport?

Treiber führt weiter aus, dass der Spion einige Jahre in Norwegen bei einem Spitzenteam gespielt habe. Danach sei er nach Kolumbien zurückgekehrt und habe dort seine neuen Erkenntnisse gewinnbringend eingesetzt. Auf dem ersten Blick scheint die These gewagt, doch natürlich hat MUS zur Recherche angesetzt und den vermeintlichen Spion schnell ausfindig gemacht (was nicht für dessen Spionage-Fähigkeiten spricht).

Samuel Gaviria heißt der Mann. Inzwischen ist er 38 Jahre alt und tatsächlich hat er von Januar 2012 bis Januar 2014 beim norwegischen Spitzenverein Molde UVK gespielt. Anfang 2014 ist er dann wieder nach Kolumbien zurückgekehrt und wie bereits erwähnt: Ein Jahr später feierte das kolumbianische Herren-Nationalteam seinen ersten Erfolg mit der Bronzemedaille bei der Heim-WM.

Im MUS-Kreuzverhör bestätigt Gaviria all diese Angaben. Dass er als Spion in Norwegen unterwegs war, streitet er allerdings ab. „Ich hatte gerade meinen Master-Abschluss in Großbritannien geschafft und wollte weiter UWR spielen“, erklärt er. Zu dieser Zeit habe es in Großbritannien kein Unterwasser-Rugby gegeben, also sei er nach Norwegen gegangen, weil er den dortigen Trainer gekannt habe.

Alles also keine große Geschichte? Nicht ganz. Auf MUS-Nachfrage, ob er denn nach seiner Rückkehr aus Norwegen persönlich mit dem Aufstieg Kolumbiens zur Weltspitze zu tun habe, antwortet er wie folgt: „Wir hatten bereits einige gute Ideen, spielten aber immer noch einen unmodernen, etwas altmodischen Stil. Ich habe dann diese guten Grundideen an einen neuen Stil angepasst, mit dem ich Europa und den Rest der Welt schlagen wollte.“

Mit anderen Worten: Gaviria hat sein in Norwegen erlangtes Wissen genutzt, um den kolumbianischen Spielstil anzupassen und das Nationalteam so in die Weltspitze zu führen. Das hat er offenbar so erfolgreich gemacht, dass am Ende der Entwicklung der Weltmeister-Titel stand. Im Finale des WM-Turniers schlugen die Kolumbianer übrigens wen? Na klar, das Team aus Norwegen.

Böse Worte gab es von den Skandinaviern trotzdem nicht zu hören. Die oft gepriesene Gemeinschaft im unpopulären Sport zahlt sich eben auch in diesem Fall aus. „Es war überhaupt keine schlechte Atmosphäre.“ Nur positive Worte habe er von den unterlegenen Norwegern nach dem Finale gehört. Dass das Verhältnis zu seinen Gastgebern nach wie vor intakt ist, bestätigt er eindrücklich. Er habe in Norwegen Freunde fürs Leben gewonnen, sagt er auf die entsprechende MUS-Frage. Tatsächlich kann er sich sogar vorstellen mit seinen alten Mitspielern nochmal in einem Team zu spielen. Dann aber auf einem weniger kompetitiven Level. „Vielleicht mit den alten Herren in der zweiten Liga.“ Das sei doch ein guter Plan für die Rente, scherzt er.


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