Unseriös bis sexistisch: Livestream-Anbieter zieht Kritik auf sich

 

Alexander Walkenhorst (rechts) zeigt seinem Livestream-Kollegen Dirk Funk Instagramfotos einer Padel-Spielerin auf seinem Handy.

Foto: Screenshot/Twitch


Nachdem MUS vor einigen Wochen über einen Sexismus-Vorfall im Livestream der Roundnet-DM berichtet hat, zeigt sich ein ähnliches Problem in einem anderen unpopulären Sport: Padel. Auch hier geht es um einen Livestream – in diesem Fall um die Livestream-Übertragung des Bundesliga-Finales Ende September. Auch beim Padel erreichten Beschwerden über den Livestream die Verantwortlichen. Zufall? Vermutlich nicht, denn der Livestream-Anbieter ist der gleiche wie bei der Roundet-DM.

In beiden Fällen war der Streaming-Anbieter „Spontent“ für den Livestream verantwortlich. Zur Zeit der Roundnet-DM trat der Anbieter noch unter dem Namen „Trops4“ auf. Am 23. August 2021 folgte die Umbenennung in „Spontent“. In beiden Fällen war zudem der frühere Volleyballspieler Alexander Walkenhorst am Mikrofon des Streams als einer der beiden Kommentatoren zu hören.

Wer sich nun über die Person Alexander Walkenhorst informiert, wird erstaunlich schnell auf vielfältige Weise fündig. Zunächst stechen seine sportlichen Erfolge heraus. Walkenhorst ist amtierender Deutscher Meister im Beachvolleyball, hat in seiner Karriere zahlreiche gute EM-Platzierungen erreicht und ist Anfang des Jahres nur knapp an der Olympia-Qualifikation gescheitert.

Walkenhorsts Jahr: Öffentliche Beleidigung und Penisbild-Skandal

Der Mann versteht also durchaus etwas von Sport. Fehlende Sport-Expertise kann man ihm also nicht vorwerfen. Allerdings ist ebenso auffällig, dass Walkenhorst als Kommentator mindestens eine umstrittene Persönlichkeit ist. So erschien zum Beispiel im Juli diesen Jahres ein Bericht der Süddeutschen Zeitung, in dem über Walkenhorsts Streit mit dem Deutschen Volleyballverband (DVV) berichtet wird. Der Umgang miteinander sei peinlich, heißt es dort. In der Auseinandersetzung geht es um die Ausrichtung und medienwirksame Präsentation von Beachvolleyball in Deutschland. Walkenhorst treibt den Streit auf die Spitze, indem er DVV-Funktionär David Klemperer öffentlich als "dummes erbärmliches Schwein" beleidigt. Daraufhin zieht der Verband die Konsequenzen und stellt die Livestream-Kooperation mit Trops4/Spontent ein.

Doch das ist nicht der einzige Skandal, den sich Walkenhorst in den vergangenen Monaten geleistet hat. Wie das Nachrichtenmagazin Focus berichtet, ist Walkenhorst dafür verantwortlich, dass zwei weibliche Spielerinnen im März dieses Jahrs von einem Beachvolleyball-Turnier vorzeitig abreisen.

Was war passiert? Walkenhorst hatte gemeinsam mit Dirk Funk die Livestream-Übertragung der German Beach Trophy in Düsseldorf kommentiert. In einer Spielunterbrechung malte er einen Penis in das Bildschirmbild auf dem gerade die Spielerinnen Victoria Bieneck und Isabel Schneider zu sehen waren. Das weibliche Beachvolleyball-Duo fühlte sich respektlos behandelt und reiste vorzeitig von dem Turnier ab. In einem Statement beim TV-Sender Sport1 stellten sie klar, dass die Geschehnisse um Walkenhorst „sicherlich ausschlaggebend" gewesen seien.

Weitere weibliche Sportlerinnen fühlen sich respektlos behandelt

Es verfestigt sich der Eindruck, dass Walkenhorst nicht zum erste Mal weibliche Sportlerinnen gegen sich aufgebracht hat. Zur Erinnerung: Beim Roundnet entzündet sich die Kritik zum Beispiel an einer Szene in der Übertragung des Damenfinals der DM. Statt den sportlichen Verlauf eines Endspiels zu kommentieren, berichtet Kommentator Walkenhorst stellenweise lieber über das Instagram-Profil der gerade spielenden Frauen. Im weiteren Verlauf dieses DM-Finals wird versucht zu erreichen, dass ein Freund der beiden Frauen dieses Instagram-Profil (das eigentlich als reiner Fan-Account gedacht ist) auf öffentlich schaltet. Der Versuch misslingt und erst danach wird sich wieder dem sportlichen Geschehen gewidmet.

Einige Wochen später zeichnete sich nun beim Padel ein sehr ähnliches Bild. Wieder wird ein Instagram-Konto einer teilnehmenden Spielerin zum Thema. In diesem Fall zwar nicht während des Spiels selbst, sondern während des Warmmachens. Doch die grundsätzliche Situation ist vergleichbar. Es fallen, vor allem von Walkenhorst, Sätze wie „So wie sie ihren Instagram-Account führt, wird sie sich über ein paar Likes sicher freuen“. Ein Satz – mindestens mit sexistischem Unterton – der die Frau auf ihre Fotos und damit ihr Äußeres reduziert.

Überhaupt stellt sich die Frage, warum die privaten Instagram-Accounts von Spielerinnen im Roundnet und im Padel im Fokus einer Sportübertragung stehen und nicht der jeweilige Sport. Auch beim Warmmachen gäbe es ja genügend sportliche Themen, über die geredet werden könnte – zumal es sich, ähnlich wie beim Roundnet, um den sportlichen Höhepunkt der nationalen Saison handelte.

Klischees und Stammtisch-Parolen als wesentlicher Inhalt?

Die Parallelen - und die Kritik daran - sind frappierend. Es lohnt sich also einen genaueren Blick auf den Streamingdienst Spontent und die dort handelnden Personen zu werfen. Zunächst bleibt festzuhalten: Vom Bundesliga-Finale beim Padel wurde an mehreren Tagen mit unterschiedlichen Kommentatoren berichtet. Die Unterschiede zwischen den Kommentatoren waren enorm. Während das Kommentatoren-Duo vom ersten Tag des Finalwochenendes sich auf das Sportliche konzentrierte und fachliche Analysen zum Besten gab, waren die Kommentare von Alexander Walkenhorst und Dirk Funk am zweiten und dritten Tag immer wieder garniert mit völlig unnötigen, unseriösen und ablenkenden Bemerkungen.

Beispiel gefällig? Zum Start der Livestream-Übertragung an Tag zwei des Bundesliga-Finales nennen Walkenhorst und Funk den Sport beim falschen Namen. Statt von Padel reden sie von Tennis. Und das allererste Thema, was sie ansprechen, ist eine absurde Anhäufung von mit Klischees durchsetzten Nonsens. Sie sprechen von angeblichen „Reiche-Leute-Sportarten“ wie Tennis, Hockey etc. und dass die Leute, die diese Sportarten betreiben, doch eigentlich gut erzogen sein müssten – weil sie reich sind. Stein des Anstoßes für diesen Diskurs, der allenfalls Stammtisch-Niveau erreicht, ist eine Person aus dem Publikum, die für zwei Sekunden versehentlich durch das Kamerabild läuft. Die Kommentatoren wundern sich, ob die Menschen in diesem Sport, denn nicht gut erzogen seien.

Einige substanzlose Sätze später drücken die beiden Kommentatoren ihr Bedauern darüber aus, dass sie ausgerechnet mit einem Damen-Spiel die Übertragung starten müssen. Und noch ein paar Sätze später wird dem Duo dann bewusst, dass der Sport gar nicht Tennis, sondern Padel heißt. Spätestens nun weiß das Livestream-Publikum, was es hier erwarten kann – und was nicht.

Unseriös, aber erfolgreich - für unpopulären Sport problematisch

Interessanterweise, auch das gehört zur Wahrheit, war der Stream mit Walkenhorst und Funk extrem viel erfolgreicher als die Übertragung der beiden seriösen Kommentatoren. Diese erreichten an Tag 1 der Veranstaltung rund 7000 Klicks. Das Duo Walkenhorst/Funk schaffte an Tag 2 und Tag 3 jeweils über 300.000 Klicks.

Die unseriöse Variante des Sport-Livestreams kommt also, zumindest auf Twitch, sehr viel besser an. Eine Tatsache, die das Problem aber eher noch erhöht als absenkt. Schließlich kämpfen viele unpopuläre Sportarten seit Jahren darum, von der Öffentlichkeit anerkannt und ernst genommen zu werden. Ein unseriöser Livestream-Anbieter, bei dem sexistische Sprüche ganz selbstverständlich zum Programm gehören, scheint hier wenig hilfreich zu sein.

Die fehlende Seriosität wirkt auf den ersten Blick wie ein grundsätzliches Problem bei Spontent. Wer sich auf der offiziellen Website des Livestream-Anbieters umschaut, findet nur einen großen Platzhalter. Die Seite ist offenbar noch im Aufbau.

Doch die wenigen Informationen, die trotzdem dort zu finden sind, sorgen nicht gerade für großes Vertrauen. Es fängt schon mit der Endung der Domain an. Die Website ist nämlich unter spontent.lol zu finden. Das spricht für sich. Auch der Platzhalter zeigt, dass die Macher der Website sich offenbar selbst nicht zu ernst nehmen. Der (vermutlich bewusst) in schlechtem Deutsch geschriebene Satz „wir sind da was am planen dran“, lässt nicht unbedingt darauf schließen, dass journalistische Qualität bei den Sportübertragungen von Spontent das wichtigste Merkmal sein sollen.

Der einzige funktionierende Link (neben den Social-Media-Verweisen) der Website führt zum Datenschutz/Impressum. Dort ist zu lesen, dass Walkenhorst für die Website inhaltlich verantwortlich ist. Der Eindruck verfestigt sich, dass Walkenhorst bei Spontent das Sagen hat und nicht nur einer unter vielen ist. Somit sind Walkenhorsts Skandale auch ein Problem für Spontent.

Schließlich ist eins unstrittig: Walkenhorst polarisiert und provoziert sehr gerne. Als Zuschauer seiner Streams bekommt man den Eindruck, dass die entsprechenden Sprüche durchaus Teil der inhaltlichen Ausrichtung und dementsprechend Teil des Gesamtpakets sind, das Sportarten bekommen, die Spontent für den Livestream engagieren.

Entsprechend sollten sich unpopuläre Sportarten genau informieren, in wessen Hände sie ihre Livestreams geben und welches Image beziehungsweis welche Werte sie damit transportieren wollen. Denn natürlich bringt Spontent der jeweiligen Sportart viele Klicks und Views. Ein entsprechender Livestream generiert Aufmerksamkeit auch jenseits der eigenen Community. Auf der anderen Seite macht sich der jeweilige Sport durchaus angreifbar. Die im Roundnet und im Padel jeweils aus der Community geäußerte Kritik spricht schließlich für sich selbst.


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