Extrembügeln: Lebt dieser Sport noch?

 

Keine leichte Aufgabe: Der Sport hat das “extrem” im Namen redlich verdient.

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Wer bei Bügeleisen, Bügelbrett und zerknitterter Wäsche an Hausarbeit und vielleicht noch an TV-Werbung aus den 50er-Jahren denkt, der liegt nur bedingt richtig. Natürlich dienen das glühende Eisen und das stabile Brett vorrangig der Glättung von Kleidung - doch das ist nicht alles. Einigen Enthusiasten dienen die Bügelutensilien auch als Sportgeräte. Extrembügeln heißt dieser unpopuläre Sport, der während einer sehr kurzen Boom-Phase Anfang der 2000er sogar fast schon populär war.

Am 21. September 2002 fand in Bayern die erste Weltmeisterschaft mit teilnehmenden Personen aus 10 Ländern statt. Ein Jahr später wurde erstmals der prestigeträchtige Wettbewerb um die Rowenta Trophy in Südafrika aufgetragen.

Doch worum geht es überhaupt beim Extrembügeln? Die Regeln sind einfach: Es geht darum, an einem möglichst ungewöhnlichen Ort unter möglichst schwierigen Bedingung das Bügelbrett aufzustellen und zu bügeln. Dabei gibt es verschiedene Disziplinen wie Water Style (Bügeln im, unter oder auf dem Wasser), Rocky Style (Bügeln auf Bergen), Urban Style (Bügeln in der Stadt) oder Air Style (Bügeln in Flugzeugen, beim Base Jumping etc.), die sich aus der jeweiligen Umgebung des Bügelns ergeben. Weitere Disziplinen sind Forest Style, Tourism Style, Freestyle und Synchronbügeln.

In den Wettbewerben geht es dann meistens um eine Kombination der verschiedenen Disziplinen. So musste bei der Weltmeisterschaft 2002 ein 300 Meter lange Parcours in fünf Disziplinen absolviert werden. Wer dann die kreativsten Ideen hat, die ausgefallensten Bügel-Arrangements anrichtet und die Wäsche souverän wegbügelt, der hat gute Chancen die meisten Punkte zu erreichen.

Entsprechend außergewöhnlich fallen die Orte aus, an denen gebügelt wird. So wurde zum Beispiel am 14. August 2003 ein Extrembügel-Weltrekord in der Disziplin Rocky Style aufgestellt. Ein südafrikanischer Extrembügler hatte den Kilimandscharo (höchster Berg Afrikas mit 5895 Metern Höhe) bestiegen und dort oben dann Bügelbrett und Bügeleisen aufgestellt. Erstbebüglung nennt sich das dann in Fachkreisen.

Das Bügeln unter Wasser erforderte neue Innovationen, um die Sicherheit der Sportler*innen zu gewährleisten.

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Doch der Weltrekord blieb nicht lange in südafrikanischer Hand. Derzeit wird der Höhenrekord durch „Iron Man“ Carrick gehalten, der auf der Spitze des höchsten Bergs Amerikas, dem Aconcagua (6961 Meter Höhe) in den argentinischen Anden, bügelte. Aber natürlich kann man nicht nur in die Höhe, sondern auch in die Tiefe bügeln. Hier hält Louise Trewavas den Weltrekord, die das Bügelbrett sage und schreibe 137 Meter unter der Meeresoberfläche abstellte und unter Wasser das Bügeleisen seiner Bestimmung zuführte.

Dass einige Menschen diesen Sport durchaus ernsthaft betreiben und enormen Ehrgeiz entwickeln, lässt sich auch an den technischen Kniffen erahnen, die für die genannten Weltrekorde notwendig sind. Denn vermutlich gibt es auf dem Kilimandscharo keinen Stromanschluss – und 137 Meter unter der Wasseroberfläche schonmal gar nicht.

Besonders das Unterwasserbügeln erweist sich hier als Herausforderung. Schließlich ist der Betrieb eines elektrischen Haushaltsgeräts unter Wasser grundsätzlich nicht zu empfehlen. Doch auch für diesen Umstand ist beim Extrembügeln längst eine Lösung gefunden worden. Schon bei der ersten Weltmeisterschaft 2002 wurde die Heizplatte des Bügeleisens durch Hilfskonstruktionen (zum Beispiel ein Gaskocher) erwärmt.

Damals wurde extra für die Titelkämpfe ein Verfahren entwickelt, bei dem das Bügeleisen im Inneren durch eine exotherme Reaktion erhitzt wurde. Diese entstand durch die Vermengung von Wasser mit einer zum Granulat gepressten hygroskopischen Chemikalie. Grundkenntnisse in Chemie können beim Extrembügeln also durchaus Hilfreich sein – zumindest wenn man in der internationalen Spitze erfolgreich sein will.

Wohin die Reise des Sports in Zukunft geht ist ungewiss.

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Wer aktuell erfolgreich ist, wer die meisten Wettbewerbe gewonnen hat und wo Interessierte diesen Sport organisiert betreiben können, ist nur schwer herauszufinden. Es gibt zwar mit der German Extreme Ironing Section (GEIS) einen deutschen Verband. Allerdings verfügt dieser über keine aktuelle Webpräsenz. Ergebnislisten, Wettbewerbskalender oder ähnliche Nachweise einer sportlichen Aktivität in den vergangenen Jahren sucht man auf den ersten Blick vergeblich. Dementsprechend könnte man den Eindruck gewinnen, dass der Sport vor 10 bis 15 Jahren eingeschlafen ist. Wären da nicht die verschiedenen kleinen Hinweise auf aktiven Sport auch in den vergangenen Jahren.

So ist zum Beispiel in einem Bericht der taz aus dem Jahr 2019 von der deutschen Bügelmeisterin Amina Wohlfahrt die Rede. Ihren Titel hat sie demnach im Jahr 2017 gewonnen. Unklar ist jedoch, ob die deutsche Bügelmeisterin gleichzusetzen ist mit der Meisterin im Extrembügeln. In dem taz-Text geht es zwar um Extrembügeln, doch die Wortwahl lässt Raum für Spekulationen.

Ein weiterer Hinweis, dass der Sport noch nicht ausgestorben ist, findet sich auf einem Extremsport-Blog. Dort ist die Regel von einer Weltmeisterschaft im Extrembügeln im März 2018 bei der Teams aus 12 Nationen teilgenommen haben sollen – weitere Details gibt es jedoch nicht.

Und so bleibt die Frage offen, ob dieser Sport eine Zukunft hat. Sicher sind nur die Informationen über die Vergangenheit. Erfunden wurde die sportliche Variante des Bügelns nämlich 1997 von zwei Briten. Der Fabrikarbeiter und Bergsteiger Phillip Shaw war es den Erzählungen nach leid, seinen Tag zu Hause mit Hausarbeit zu verbringen. Deshalb entschloss er sich kurzerhand, eine Bergtour samt Bügelwäsche und Bügeleisen zu unternehmen. Zusammen mit seinem Freund Paul Nicks, dem diese ausgefallene Idee ebenfalls gefiel, folgten weitere Bügeltouren – und die neue Sportart war geboren.


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