Paul MUStermann denkt nach … über unpopulären Sport in populären Filmen

 

von Paul Haas

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Das Wunder von Bern. Spiel auf Sieg. Gegen Jede Regel. Miracle – Das Wunder von Lake Placid. Was haben diese Filme gemeinsam? Richtig, es sind alles Sportfilme. Filme mit großen Emotionen, unkonventionellen Teams oder Trainern und in den meisten Fällen basierend auf – oder zumindest angelehnt an – wahren Begebenheiten. Und noch etwas haben sie gemeinsam: Fast jeder Mensch auf dieser Welt kennt die Sportarten, die in den Filmen gespielt wird. Ob Fußball, Basketball, American Football oder Eishockey. Hat man alles schon gehört, gesehen oder gar selbst gespielt. Doch was ist mit den unpopulären Sportarten? Wo ist deren (un)popkulturelle Repräsentation?

Mal ganz abgesehen von Quidditch und Jugger, welche ihre Inspiration einerseits aus der Fantasie einer Kinderbuchautorin (die heutzutage mehr als fraglichen Ansichten vertritt) und andererseits aus einem 80er-Jahre B-Movie mit Rutger Hauer ziehen, sieht es da recht mau aus. Lediglich im Film „Prakti.com“ kommt der heutige Quidditch-Fan für ein paar Minuten auf seine/ihre Kosten. Oder auch nicht, denn mit richtigem Quidditch hat das, was dort passiert, nicht mehr viel zu tun und langsam, aber sicher, beschleicht einen das Gefühl, dass es hier weniger um den Sport geht. Es geht offenbar viel eher um Gedanken in die Richtung „guck mal was die Kids heutzutage machen, ist das nicht bescheuert“. Zugegeben, gerade wenn man Quidditch spielt, sind ein paar Szenen doch ziemlich witzig.

Ganz anders kommt dagegen "Roller Girl" daher. Nein, nicht die deutsche Sängerin die Anfang der 2000er Hits wie „Love U More“ und „Dear Jessie“ hatte, auch wenn sie immer mit Rollschuhen durch ihre Videos saust. Die Rede ist vom Film aus dem Jahre 2009, in dem Ellen Page als Bliss Cavanaugh ihrem tristen Alltag in einem kleinen Texanischen Kaff entflieht. Sie lässt die Schönheitskönigin-Träume ihrer Mutter hinter sich und schließt sich stattdessen einem Rollerderby-Team an. Ganz ohne Übertreibung und der eigentlichen Hauptstory des Erwachsenwerdens und den damit verbundenen Konfrontationen mit den Eltern kommt der Film auch nicht aus. ABER, und hier ist der wichtige Teil: Der Film macht Lust auf die dargestellte Sportart. Er vermittelt einem, der sich noch nie ein richtiges Rollerderby-Match angeguckt hat, wie der Sport in etwa aussieht. Er zeigt die Emotionen im Rollerderby, warum die Frauen ihn ausüben, was ihn so besonders macht. Alles Sachen, die in weiteren Kurzdokumentationen oder anderen Videos, die ich mir danach angeguckt habe, fast wortgenau wiedergegeben wurden. Ist die Geschichte wahr? Nein. Aber sie basiert auf Erfahrungen der Autorin. Und einen unkonventionellen Trainer sowie eine unkonventionelle Mannschaft gibt es auch.

Also eigentlich sind alle Kästchen abgehakt, die einen Film zu einem Sportfilm machen. Trotzdem ist „Roller Girl“ der einzige „unpopuläre“ Sportfilm - bzw. einer der wenigen Filme in denen unpopuläre Sportarten vorkommen - den ich kenne. Vielleicht ist die Hürde sich einen Film über eine unbekannte Sportart anzugucken zu hoch, oder aber der Faktor „Nach einer wahren Begebenheit“ ist zu wichtig. Ich jedenfalls würde mich über mehr unpopuläre Sportarten in Filmen freuen, auch wenn sie erstmal vielleicht nur eine Nebenrolle spielen. Man wird sich einfach gedulden müssen. Das Wunder von Bern geschah schließlich auch erst knapp 100 Jahre nach der „Erfindung“ des Fußballs und es sollten noch fast 50 weitere Jahre vergehen, bis dieses legendäre Ereignis verfilmt werden würde.


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